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Symbiose Stadtmuseum – Koester-Museum?

Frage/Beitrag ein­er Bürgerin/eine Bürgers

In der Dauer­ausstel­lung des aktuellen Stadt­mu­se­ums sind aus rein platztech­nis­chen Grün­den neben dem Lore­toschatz auss­chließlich Werke der Klaus­ner Kün­stlerkolonie aus­gestellt, die laut Mach­barkeit­studie 2013 (S. 34) ins neue Muse­um wech­seln sollen, während der umfan­gre­iche Lore­toschatz in der winzi­gen Lore­to-Kapelle neu insze­niert wer­den soll. Dies würde de fac­to eine Schließung des Stadt­mu­se­ums bedeuten.

Die iden­titätss­tif­tende Funk­tion eines Stadt­mu­se­ums ist evi­dent. Daher ist eine Schließung des Stadt­mu­se­ums völ­lig unver­ständlich. Vielmehr ist im Zuge des geplanten Koester-Muse­ums (Kün­stlerkolonie), das über bemerkenswerte Raumka­paz­itäten ver­fü­gen wird, ein Aus­bau und eine Neukonzep­tion­ierung des Stadt­mu­se­ums wünschenswert.

Die Zeit der Kün­stlerkolonie ist nur ein mar­ginaler und keineswegs repräsen­ta­tiv­er Teil der über­aus wech­selvollen Geschichte unser­er Stadt: Besiedelungs­geschichte (archäol­o­gis­che Funde wie jung­steinzeitliche Pfeil­spitzen, früh­mit­te­lal­ter­lich­er Gold­schmuck etc.), Säben als Bischof­s­sitz, die Stadt­grün­dung und ‑entwick­lung, Geschichte der Wirtshäuser, der Handw­erk­er und Zün­fte, die Ital­ien­reise von Albrecht Dür­er, die Geschichte um die Hut­ter­er, um die Fam­i­lie Jen­ner und das Berg­w­erk, um Joseph Anton von Per­lath, um Pater Joachim Hasp­inger, die Gröd­ner Bahn, Über­schwem­mungen, Brände, Epi­demien, Hin­rich­tun­gen, etc. etc.

Die wis­senschaftliche Auf- und Bear­beitung und die adäquate Präsen­ta­tion und Insze­nierung der Stadt­geschichte im Rah­men eines neuen Stadt­mu­se­ums inkl. Abteilung Kün­stlerkolonie mit Schw­er­punkt Alexan­der Koester – also eine gewinnbrin­gende Sym­biose aus Stadt­mu­se­um und Koester-Muse­um – ist gefordert. Denn wir alle sind Summe unser­er Ver­gan­gen­heit. Nur wer Geschichte ken­nt, kann Zukun­ft prägen.

 

Feed­back aus dem ExpertInnen-Team

Die Geschichte Klausens bietet unwider­sprochen unzäh­lige Facetten mehr als die Zeit der Kün­stlerkolonie. Ein Stadt­mu­se­um, das die Geschichte Klausens von der Stadt­grün­dung bis zum Heute erzählt und einen entsprechen­den Objek­tbe­stand auf­baut wäre für die Klaus­ner­In­nen unbe­strit­ten ein wertvoller und iden­titätss­tif­ten­der Begeg­nung­sort mit der eige­nen Geschichte. Auch die Kunst­werke Alexan­der Koesters ließen sich gut in diesen stadthis­torischen Par­cours einreihen.

Die Auf­gaben­stel­lung für die Studie war es zu prüfen, inwieweit das Stiftungs­geschenk für Klausen eine Chance zur Bele­bung und Aktivierung des zen­tralen Stad­traumes sein kann. Gle­ichzeit­ig war dem Anliegen der Stiftung nachzuge­hen, die Samm­lung Alexan­der Koester in einen entsprechen­den kun­sthis­torischen Kon­text zu set­zen und nach Möglichkeit sog­ar eine Forschungsstelle zum Werk Alexan­der Koesters und sein­er Wegge­fährten zu schaffen.

Dabei zeigte sich, dass nur durch die Anre­icherung der Stiftungssamm­lung mit dem umfan­gre­ichen und bedeu­ten­den Werkbe­stand des Lan­des Südtirol – und die auf diesem Weg erre­ich­bare Kom­plet­tierung der Rei­he von kun­sthis­torischen Lan­desmuseen (durch die Präsen­ta­tion dieser bish­er öffentlich nicht angemessen repräsen­tierten Kun­stepoche in Klausen) – es gelin­gen kann, jenes „lan­desweite Inter­esse“ zu weck­en, das die Pro­jekt-Real­isierung erfordert und über­haupt erst möglich macht.

Das Ziel ist – und das ist u.a. Teil der Konzept­phase 2 – die Stadt­geschichte Klausens in dieses neue Konzept mit einzuweben inkl. ihrer kultur‑, kun­st- und bauhis­torischen Schätze: Kapuzin­erk­loster mit Lore­toschatz, Bischof­s­sitz und Kloster Säben, Wirtshäuser der Kün­stlerkolonie, die Ital­ien­reise Albrecht Dür­ers etc..

Stellungsname & für mich wichtige Argumente

Frage/Beitrag ein­er Bürgerin/eines Bürgers:

Als aus­gewiesen­er und aufgeschlossenere Beobachter des Pro­jek­tes Koester-Muse­um muss ich vor­ab ganz klar fest­stellen, dass mit den derzeit bere­its kom­mu­nizierten Infor­ma­tio­nen kein Kon­sens und schon gar keine Unter­stützung in der Klaus­ner Bevölkerung beste­ht und auch real­is­tisch gese­hen keine zu erwarten war.

Als einzig richtige Lösung wurde der Neubau am Schin­der­gries und Kosten von über 8 Mill. – in der Studie lese ich sog­ar 10 Mill. – kom­mu­niziert. Das kon­nte nur in die Hosen gehen. Der Ansatz hätte viel mehr auf Inhalte, Konzepte und Ideen aus­gerichtet wer­den müssen und damit Neugierde, Begeis­terung, Moti­va­tion kreiert, um möglichst viele in die Diskus­sion einzu­binden und zu ver­suchen damit Enthu­si­as­mus und Engage­ment auszulösen. Stan­dort und Kosten und Finanzierung wären die let­zten notwendi­gen, wenn auch sehr wichti­gen Diskus­sion­spunk­te. Man bedenke, man rech­net mit einem Besucher­vol­u­men von 50.000 Per­so­n­en (sehr sportlich und ehrgeizig!). Mit den mir vor­liegen­den Infor­ma­tio­nen Koester-Lei­h­gabe, Unter­berg­er­samm­lung, Ate­liers ecc. kann ich noch nicht erken­nen, wie wir auf die 50.000 kom­men soll­ten. Da nun bere­its der erste Dämpfer bei der Aussprache mit der Lan­desregierung zu ver­dauen ist muss man erken­nen, dass man keine allzu große offene Türen vorge­fun­den hat, und der Ball an die Klaus­ner zurück­ge­spielt wurde.

Umso wichtiger wäre es nun geschlossen und mit großer Beteili­gung und mit dem notwendi­gen Rück­halt aufzutreten. Bin eben­so der Auf­fas­sung, dass ein so teur­er Neubau als let­zte Möglichkeit in Betra­cht gezo­gen wer­den sollte. Zu aller erst müssen alle anderen Vari­anten mit Wiedergewin­nung alter Bausub­stanz geprüft wer­den. Alter­na­tiv­en im Kapuzinerareal inkl. Kirche sind noch lange nicht aus­geschöpft. Gerichts­ge­bäude finde ich auch nicht beson­ders geeignet, Gries­burg und Bergamt aber wären sehr wohl eine Alter­na­tive und soll­ten geprüft werden. 

Koester passt nir­gends so gut hin wie nach Klausen nichts desto trotz ließe ich mich von der Stiftung nicht unter Druck set­zen. Vielle­icht eine Bemerkung zur Samm­lung, Schätzw­ert ist nicht der Mark­twert, siehe Beispiel Unterbergersammlung. 

Völ­lig unre­al­is­tisch erscheint mir auch dass man in Klausen selb­st einen erhe­blichen Teil dieser Riesen­summe bei pri­vat­en Spon­soren aufzutreiben.

Eben­so stört mich der ständi­ge Ver­gle­ich mit Muse­um in Großstädten wie München, Ham­burg, Berlin oder Wien — auf dieser Bühne haben wir defin­i­tiv nichts zu suchen. Aber mit Coro­nes wenn auch ganz anders kann man schon Ver­gle­iche ver­suchen ange­fan­gen von den mod­er­at­en Kosten von ca. 3,3 Millionen!

Drin­gend empfehlen würde ich mehr Diskus­sion und viel weniger Moderation. 

Im Übri­gen bin ich der Auf­fas­sung, dass das Kloster Säben und die zukün­ftige Nutzung viel die größere Pri­or­ität haben sollte. Klausen ist ein sehr schönes und nettes mit­te­lal­ter­lich­es Städtchen. Klausen mit Säben aber ist einzi­gar­tig! Hier sehe ich viel größeren Hand­lungs­be­darf, was für mich natür­lich nicht heißt, dass man sich mit Koester-Muse­um nicht beschäfti­gen soll. 
Nach Säben 50.000 Per­so­n­en (logisch auch Pil­ger) zu brin­gen ist um vielfach­es leichter als 50.000 zum Koester-Muse­um — wenn auch nicht unmöglich — aber wie gesagt, dies hängt von den Inhal­ten ab. 

Friedrich Gan­ti­ol­er

 

Feed­back aus dem ExpertInnen-Team

Die zen­trale Auf­gaben­stel­lung der Studie 2013 war es zu prüfen, inwieweit das Stiftungs­geschenk eine Chance für Klausen zur Bele­bung und Aktivierung des Stad­traumes sein kann.

Gle­ichzeit­ig sollte die von der Stiftung gewün­schte pro­fes­sionelle Präsen­ta­tion nach zeit­gemäßen Muse­ums­maßstäben gewährleis­tet sein.

Die Ker­naus­sage und Empfehlung der Studie, nach Prü­fung der Rah­menbe­din­gun­gen und Poten­tiale der Stadt (vgl. Mach­barkeitsstudie S. 17ff), ist: Das Pro­jekt „Koester“ hat großes Poten­tial für Klausen die gewün­schte Bele­bung und Ver­jün­gung darzustellen, voraus­ge­set­zt es wird

  • entsprechend dimen­sion­iert (Koester-Samm­lung plus Samm­lun­gen des Landes),
  • für zeit­genös­sis­che Kün­st­lerIn­nen attrak­tiv umge­set­zt (Ate­liers, Kuratoren-Prinzip),
  • für die Kernziel­grup­pen Fam­i­lie, respek­tive Kinder und Jugendliche aufbereitet,
  • und auf­grund von Architek­tur und Posi­tion­ierung sichtbar.

Konkrete Inhalte und konzeptuelle Mod­elle für dieses Pro­jekt sind zen­traler Inhalt des näch­sten Pla­nungss­chrittes. In dieser zweit­en Pro­jek­t­phase wer­den auch einige his­torische Gebäude auf Wun­sch erneut disku­tiert. Aktuell im Gespräch sind: Altes Gericht, Gold­en­er Engel, Ansitz See­begg, Kapuzin­er-Are­al. Inwieweit Säben oder der Ansitz Gries­burg in die aktuelle Diskus­sion mitein­be­zo­gen wer­den sollen, das muss die Gemeinde noch entscheiden.

Zur Finanzierung ist festzuhal­ten, dass diese essen­tieller Bestandteil ein­er Mach­barkeitsstudie ist. Die Studie errech­net für das beschriebene Pro­jekt den Brut­to­be­trag von EUR 8.840.000 für eine Net­to­geschoss­fläche von 1727 m2 (9200 m3). Diese Summe wurde kon­ser­v­a­tiv und kosten­wahr gerech­net (nach den Richtwerten des Lan­des Südtirol) und inkludiert das Bauw­erk, die Ein­rich­tung, die Beleuch­tung, die Außengestal­tung, die Leit­sys­teme, die Tech­nis­chen Spe­sen und Pla­nung­shon­o­rare, die Projektentwicklung/Konzeption des Muse­ums sowie erste Medi­en- und Kun­st­pro­duk­tio­nen (vgl. Mach­barkeitsstudie 2013, Seite 41).

Das Mess­ner Moun­tain Muse­um Coro­nes ver­fügt über 4000 m³ und die über die Medi­en kol­portierte Summe von EUR 3.300.000 lässt offen, ob brut­to oder net­to, ob inkl. Ein­rich­tung, Beleuch­tung, Außengestal­tung, Kun­st­pro­duk­tio­nen etc., ob inkl. tech­nis­che Spe­sen und Planungshonorare.

Der hier zitierte, von der Starar­chitek­tin Zaha Hadid am Kro­n­platz bei Bru­neck real­isierte, Muse­um­sneubau (eröffnet 07.2015) fokussiert sehr erfol­gre­ich jene besagte Wer­be­wirk­samkeit von zeit­genös­sis­ch­er Architektur.